Maximilian Lange // Journal

Fels, Wasser, Erde & Luft

GR-221 Tag 5: Lluc – Pollenca

Nach einem entspannten späten Frühstück mache ich mich auf den Weg. Stress habe ich heute keinen – geht es doch nur noch bis Pollenca. Laut meiner Karte eine Strecke von 16 Kilometern zuzüglich eines Abstechers von rund zwei Stunden auf den Puig Tomir.

Ein Aussichtspunkt unweit des Weges lässt mich noch einmal ein Blick zurück, auf das Kloster Lluc und das Refugi Son Amer, werfen.

Der Puig Massanella, rechts im Bilde das Santuari de Lluc.

Der Streckenverlauf der Trockenmauerroute führt mich an diesem kalt-nassen Morgen eine ganze Weile durch Steineichenwälder.

Nach einem Mauerüberstieg erreiche ich die geschlossene Mineralwasserabfüllanlage Agua Binifaldo.

Am Eingangstor der verwaisten Fabrik

Hier weist mir ein Schild den Weg zum Gipfel des Puig Tomir. Zwischen den Bäumen lässt sich kein Berg ausmachen. Die Wolken hängen tief.

Während ich grübelnd die Karte studiere erscheint Benoit, der Franzose aus dem Refugi, hinter mir. Er wird direkt weiter nach Pollenca laufen und dort für drei Nächte im Pont Roma Refugi einchecken. Ich werde ihm später folgen, doch jetzt steht erstmal die Besteigung des  Gipfels auf dem Plan.

Der Pfad für mich, seitlich an einer Geröllhalde vorbei, aus dem Wald heraus. Ich gewinne rasch an Höhe. Eine steile, aber gesicherte Rinne ist zu überwinden.

Der Einschnitt bringt mich zu einer weiteren abschüssigen und rutschigen Schuttrinne, welche ich hoch muss.  Die Sicht beträgt wenige Meter, wieder einmal stürmt es gewaltig.

Immer öfter kommen mir Zweifel trotz des Wetters hier hinauf zu steigen. Doch ich kehre nicht um.

Als letztes größeres Hindernis muss eine Steilstufe mithilfe von Ketten und Eisenklammern erklommen werden.

Mit Erreichen eines Sattels wird das Gelände deutlich flacher. Das heißt für mich, dass ich der Witterung nun völlig ausgeliefert bin. Ich stemme mich gegen den Wind und folge weiter dem Pfad. Dieser führt über einen schier endlosen Bergrücken. Aufgrund der geringen Sicht kann ich nirgends einen Gipfel ausmachen.

Auf dem Puig Tomir – glaube ich

Oft haben mich Berge, auch wenn es im Tal nicht danach aussah, mit tollen Aussichten belohnt. Aber dieser Hügel ist allem Anschein nach zu niedrig und durchbricht die Wolkendecke nicht. Was soll’s. Ich kehre um. Es ist verdammt ungemütlich hier, ich habe keine Ahnung wie weit es noch zum Gipfel ist und selbst wenn ich ihn finden würde, die Aussicht wäre dieselbe – nämlich keine.

Ich bin mir bewusst, dass von dem Berg noch weitere Wege hinunter führen. Jedoch bin ich mir nicht im Klaren in welcher Beschaffenheit diese sind. Nach meinen Erfahrungen aus den ersten Tagen auf Mallorca bin ich nicht bereit irgendwo im Nebel auf einem Ziegenpfad herum zu irren und gehe den Pfad zurück, welchen ich kam. Eine Karte mit brauchbaren Maßstab wäre jetzt Gold wert.

Von der Mineralwasserfabrik, am Fuße des Berges, aus folge ich dem Fahrweg. Dieser geht bald in eine Art Waldlehrpfad über. Der Blick nach oben zerreißt mir die Seele. Worauf ich spekulierte ist eingetreten, jedoch eine Stunde zu spät. Die Wolken geben den Gipfel des Puig Tomir (1104m) frei.

Puig Tomir von Norden aus gesehen

Der GR 221 mündet in eine Straße, welche durch Anbaugebiete führt. Von oben scheint die Sonne mit zunehmender Kraft. Was ich einst schmerzlich vermisste, treibt mir nun den Schweiß auf die Stirn.

Bald schon verläuft der Weg entlang der MA-10 nach Pollenca. Zuerst direkt neben, dann parallel zu dieser Straße.

Neben der Straße – auch mal im Bachbett

Entgegen meiner Karte muss man sogar ein ganzes Stück auf der Straße gehen bis man einem kleinen Fahrweg in Richtung Refugi Pont Roma folgt. Wäre ich mir des Routenverlaufes bewusst gewesen, hätte ich mir die letzte Stunde gespart und wäre die fünf Kilometer per Anhalter gefahren.

Eigentlich endet der Weitwanderweg hier in Pollenca. An der Unterkunft angekommen entdecke ich erstaunt einen Wegweiser des GR 221, welcher weiter Richtung Port de Pollenca an das Meer führt. Ich weiß, dass der Weg zukünftig sogar bis zum Cap de Formentor führen soll, die hier beschilderte Strecke bis zur Bucht von Pollenca führt aber über etliche Kilometer schnurgerade an der MA-10 entlang und ist für mich absolut indiskutabel.

Ich bevorzuge die Schattenseite

Während ich das sehr schöne Pollenca erkunde, fasse ich den Entschluss im Refugi Pont Roma abzusteigen und die nächsten Tage von hier aus Unternehmungen zu starten. Geplant hatte ich für die neun Etappen der Ruta de Pedra en Sec sieben Tage, von welchen ich jetzt noch zwei zur Verfügung habe. Die Stadt ist traumhaft und ich habe noch Zeit. Somit erkundige ich mich nach einem Outdoorgeschäft, erwerbe dort eine detailliertere Karte und lasse mir von einem Guide ein paar Touren empfehlen.

Die 365 Stufen zur Kalvarienkapelle

Ein Bett in meinem Basislager zu bekommen ist problemlos möglich. Außer mir und Benedit ist auch Christl aus Deutschland die nächsten Tage hier.  Sie schwärmt von den Pyrenäen und den Vogesen. Ist beides schon durchwandert und hat auch mit dem Fahrrad einiges an Kilometern gemacht. Die nächsten Tage werden wir jeder für sich tagsüber Ausflüge machen um abends den anderen davon zu erzählen.

Der Tipp vom Local Guide war Gold wert. Nachdem ich das komplette Tramuntanagebirge abgelaufen bin, werde ich am nächsten Tag die bisher eindrucksvollste Zeit auf Mallorca erleben. Aber dazu später mehr. Wenn du auch davon lesen möchtest:

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