Bereits am Vortag konnte man am hinter dem Rifugio liegenden Hang, den weiteren Wegverlauf erahnen. Dort zeichnet sich, wie ein Gürtel, ein Einschnitt im Gelände ab.
Zuerst geht es jedoch ein kleines Stück bergab, ein kleines Seitental muss unter Zuhilfenahme der Hände durchquert werden. Dahinter gehen wir, die Höhe haltend, an der Bergflanke entlang, bis wir über einen aussichtsreichen Grat aufsteigen.
Im Rücken stets das Valle Adamè mit dem Rifugio Lissone, unter uns das Tal mit seinen kleinen Ortschaften.
Oben angekommen führt der inzwischen wieder mit Bahnschwellen befestigte Weg uns im großen Bogen auf einen Grat.
Fortan immer wieder versichert, leitet uns der Weg mit kleineren Klettereinlagen über den schmalen Grat. Links und rechts des Pfades liegen alte Befestigungsanlagen aus dem ersten Weltkrieg.
Am Ende des Grates umqueren wir den Monte Marosso und stehen alsbald auf dem Passo d’Avolo.
Anschließend geht es steil, wieder mit einigen versicherten Stellen, hinunter.
Höhe haltend geht es darauf hin zum Passo Campo (2298m). Dort machen wir mit Blick auf den Stausee Lago d’Arno eine kleine Pause. Unser Proviant ist spärlich. Wir haben uns offenkundig verkalkuliert. Die Bargeldreserven werden diesen Tag nicht für ein stattliches Mahl reichen. Der Gedanke, mir am Abend nicht ungehemmt den Bauch vollschlagen zu können, verdirbt mir ordentlich die Laune.
Nach der kurzen Rast steigen wir unterhalb eines beeindruckenden Grates zu einer Bergflanke auf.
Die leicht ansteigende Felslandschaft führt uns an einem kleinen See vorbei. Üppig wächst hier das Wollgras.
Ein kleines Stück bergauf, direkt hinter dem Grat, erreichen wir das kleine Rifugio Maria e Franco.
Es ist erst Mittag. Wir bekommen unser Lager zugewiesen und genehmigen uns eine Käse/Speckplatte. Die Hausherren verschwinden geschäftig nach draußen. Zwischenzeitlich haben der Wind zu- und die Sicht abgenommen. So schlagen wir im sehr einfach aber zweckdienlichen Rifugio die Zeit tot.
Im Laufe des Nachmittages trifft ein weiterer Wanderer ein. Sein nackter, schmutziger Oberkörper ist mit wunden Stellen übersäht. Sein Rucksack ist halb zerrissen und riecht unangenehm nach Schweiß.
Abends platzt noch ein italienisches Pärchen herein. Zwischenzeitlich ist das Wetter draußen deutlich umgeschlagen. Sind wir noch im prallen Sonnenschein gewandert, pellen sich die Beiden nun aus ihren Regenklamotten.
Während der Rest in geselliger Runde reichhaltig zu Abend isst, sitzen wir etwas abseits und verzehren aufgrund unseres finanziellen Engpasses nur eine weitere Platte mit Speckbrot.
Der etwas verwahrlost wirkende Mann hat dem Hüttenwirt ein paar Spirituosen mitgebracht und lädt uns auf einen Grappa ein. So kommt man doch noch ins Gespräch. Die Beiden sind allem Anschein nach befreundet. Yeti, wie der Wirt ihn nennt, lebt wohl irgendwo in den umliegenden Bergen und kommt gelegentlich vorbei. Leider spricht er kein Wort Englisch.