Die Berge, welche uns umgeben, sind grün. Deutlich hat sich ihr Aussehen im Vergleich zu den hochalpinen Landschaften der letzten Tage geändert. Es scheint fast als würden wir durch eine sanfte grüne Hügellandschaft wandern. Doch der Eindruck täuscht – auch heute bewegen wir uns zum größten Teil auf über 2000m.
Die nun fast liebliche Landschaft leitet ein neues Kapitel ein. Auf dem nun beginnenden Abschnitt der Alpenüberquerung folgen wir dem Sentiero Antonioli über den Lago d’Idro zum Gardasee. Geplant sind dafür noch vier weitere Etappen. Erster Anlaufpunkt ist der Ort Bagolino.
Zuerst aber bringt uns ein Schotterweg aufwärts in die Berge. In einem weiten lichten Tal nehmen wir einen Abzweig gen Süden.
Der ehemals breite Fahrweg ist zugewachsen und verwildert und dient heute nur noch als Pfad für Wanderer. Und Jäger, welche wir unterhalb des Weges in den Büschen beobachten können. Allem Anschein nach üben sie mit ihren Hunden, zumindest lassen sie sich nicht von uns stören und auch Wild sieht man nirgends aufgeschreckt davon eilen.
Hinter einer Anhöhe erwartet uns ein Tal, in welchem eine große Alm samt Stall liegt. In weitem Bogen umlaufen wir, nun wieder auf breitem Weg, diese. Wir nähern uns allmählich den ersten Gipfeln, diese passieren wir aber seitlich ohne sie zu besteigen und folgen einem Pfad in den Nebel.
Über mit Gras bewachsende Hänge steigen wir auf den Monte Telegrafo (2151m). Ich hatte dort mit einer großen Antenne gerechnet. Der Berg ist aber relativ unspektakulär. Ein Schild muss darauf hinweisen, dass wir uns auf dem Gipfel befinden.
Von hier geht es über eine lange steile Wiese bergab. Ich kann bis zuletzt nicht entscheiden, ob das Gehen in der schmalen Rinne des Pfades oder über das flach liegende Gras seitlich davon angenehmer ist. Halt hat man auf beidem nicht, so dass ich immer wieder ins straucheln komme. Am Ende des Hanges stehen wir neben einer kleinen Kapelle auf einem Sattel. Der Sentiero hat laut der Karte vom Gipfel aus eine andere Richtung eingeschlagen, wird jedoch auf der nächsten Bergkuppe wieder mit unserer Strecke zusammen laufen.
Und dorthin, auf den Monte Carena (2954m), geht es für uns sogleich. Der Aufstieg ähnelt dem Abstieg ist aber deutlich angenehmer. Auf der Anhöhe angekommen gäbe es die Möglichkeit für einen Abstecher auf einen weiteren Gipfel, nicht einmal weit entfernt und ohne viel Steigung. Aufgrund der schlechten Sicht ersparen wir uns aber den Umweg.
Der Weiterweg führt uns zunächst durch Wiesen bis wir auf eine kleine Ansammlung von Häusern treffen. Wir wenden uns nach rechts und verlassen den Ort auf einem Schotterweg, müssen jedoch bald feststellen, dass der Wegverlauf nicht mit dem auf unserer Karte übereinstimmt. So kehren wir um und finden nun den richtigen, schlecht markierten Steig, der uns vom letzten Haus des Ortes durch dessen Obstgarten in einen Taleinschnitt hinein führt. In Serpentinen geht es durch Wälder mit abwechslungsreicher Vegetation bergab. Der Weg windet sich eine ganze Weile den Berg hinab, bis wir auf eine Asphaltstraße treffen. Diese zieht sich nun entlang der ersten Ausläufer des kleinen italienischen Städtchens Bagolino bis in deren Zentrum.
Mit seiner großen, auf einer Anhöhe liegenden, Kirche, den vielen kleinen Gässchen und Geschäften liegt es hier inmitten der Berge als ob es einem Bilderbuch entstammen würde.
Wir checken in ein Hotel ein und nutzen den Nachmittag, um unser Bargeld sowie den Proviant aufzustocken. „Bitte warten, während wir ihre Anfrage nicht verarbeiten“ zeigt mir der Geldautomat an. Ungelogen.
Außerdem kaufen wir für Elisabeth neue Schuhe. Ihre bisherigen, eines namhaften deutschen Herstellers für Wanderschuhe, fangen an sich aufzulösen. Und das obwohl sie vorher nahezu neuwertig waren. Vermutlich würden sie die letzten Etappen auch noch durchstehen, aber das Risiko inmitten der Berge plötzlich ohne Fußbekleidung dazustehen möchten wir nicht eingehen.
Den Abend gehen wir eher mittelmäßig essen und statten anschließend den verschiedenen Bars des Ortes noch einen Besuch ab.