Weite, hügelige mit Fichtenplantagen überzogene Landstriche. Düstere, monoton anmutende Wälder soweit das Auge reicht. Kuckucksuhren. Schinken. In meiner Vorstellung gab es ein klares Bild vom Schwarzwald.
Anders als erwartet, so könnte das Fazit lauten zum Schluchtensteig.
Der Fernwanderweg mit seinen rund 120 Kilometern führt im Naturpark Südschwarzwald durch artenreiche grüne Schluchten, vorbei an naturnahen Flüssen und unzähligen Wasserfällen.
Startpunkt des Weitwanderweges ist das an der schweizerischen Grenze gelegene Stühlingen. Durch die Wutachflühen geht es nach Blumberg zur Schleifenbachschlucht. Die wilde Wutachschlucht bringt einen nach Lenzkirchen, wo man die Täler hinter sich lässt und durch Nadelwälder zum Schluchsee wandert. Von dessen Ufern durch die Streusiedlung Blasiwald und die Windbergschlucht nach Sant Blasien. Am Dom vorbei zu den Hochflächen des Hotzenwaldes. Anschließend durch die Hohwehraschlucht nach Todtmoos. Das Ziel Wehr erreicht man schlussendlich durch das Wehratal.
An zwei Tagen erwanderte ich die ersten Etappen des Steiges.
Tag 1: Von Stühlingen zur Rötenbachmündung
Die ersten Kilometer bringen mich vom Wanderparkplatz, nahe des Ortskerns, weg und führen an der renaturierten Wutach entlang. Ich habe die Nacht nicht viel geschlafen, bin um zwei Uhr in der Früh aufgestanden und habe die gut 400 Kilometer Anreise hinter mich gebracht. Das spüre ich. Doch das Wetter ist hervorragend – auch die Vorhersage ist vielversprechend.
Sobald ich den Wald betreten und nach einer Weile erstmals die Gleise der historischen Sauschwänzlebahn überschritten habe, befinde ich mich in den Wutachflühen. Dieser erste Abschnitt von Deutschlands größten Canyon ist grün, fast urwaldartig – der Bärlauch steht üppig in Blüte.
Den Abstecher zum ersten Etappenziel Blumberg spare ich mir und kürze entlang einer Straße ab. Ohne das schützende Blätterdach über dem Kopf sind die folgenden Kilometer in der frühsommerlichen Hitze eine Tortur.
Nachdem ich wieder den Wegverlauf des Schluchtensteigs aufgegriffen habe passiere ich noch kleinere Ortschaften und erreiche schon bald die sehenswerte, jedoch touristisch stark frequentierte, Wutachschlucht. Leider kommt sie aufgrund des starken Besucherandrangs nicht so recht zur Geltung – ich durchquere sie gezwungenermaßen an einem Feiertag und lasse sie schnell hinter mir.
Nur wenige Meter hinter diesem, rund zwölf Kilometer langen, Schluchtabschnitt lädt die Schattenmühle zur Einkehr ein. Jedoch verzögert sich die Bestellung meines Getränkes so derart, dass ich auf eine Mahlzeit verzichte. Die Karte liest sich gut, lediglich viel zu umfangreich. Das Servicepersonal ist leider gänzlich überfordert mit den Besuchermassen (an diesem Tag). Schade.
Für mich geht es, nun völlig einsam, weiter in Richtung Räuberschlössle und dann wieder herab an die Ache.
Hier an der Wutach finde ich meinen Lagerplatz für die Nacht. Nachdem ich das Tarp aufgespannt habe, mache ich mir etwas zu essen und wasche mich im Bach.
Nicht ohne ein wenig Stolz erwähne ich des öfteren, dass ich keine Blasen bekomme beim Laufen. Beim Ausziehen der Schuhe erkenne ich jedoch den Grund für meine Schmerzen während der letzten Stunden: Beide Fersen sind mit riesigen Blasen überzogen.
Barfuß humpele ich noch ein wenig über meine kleine Lichtung am Bach, schaue den Fischen in der Flussbiegung beim Springen zu und lege mich dann früh schlafen. Bis auf zwei Taschenlampen, die zu später Stunde meinen Zelthimmel erleuchten, habe ich die ruhige Flussmündung gänzlich für mich alleine.
Tag 2: Von der Rötenbachmündung zum Lehenkopf
Am folgenden Morgen geht es weiter am an der Wutach entlang nach Lenzingen, zunehmend wilder und nochmals schöner als am Vortag.
In den frühen Morgenstunden ist noch niemand unterwegs. Bis zu der ersten Ortschaft habe ich die Schlucht für mich allein.
In Lenzingen gibt es beim Bäcker ein umfangreichen, qualitativ aber durchschnittliches, Frühstück. Der örtliche Supermarkt versorgt mich mit Nahrungsmitteln und Blasenpflastern.
Weiter geht es durch sonnige Fichtenwälder zum Schluchsee, größter seiner Art im Schwarzwald. Ebenso ein sehr beliebtes Ausflugsziel wie ich feststellen muss.
Auf dem breiten Fahrweg um den See wimmelt es von Ausflüglern. Die Ufer des Sees sind zu meiner Verwunderung aber weitestgehend verwaist. Nachdem ich den Schluchsee umquert habe, treffe ich abermals auf einen Verpflegungsgroßbetrieb. Die Schlange am Unterkrummenhof ist derart lang, dass ich direkt kehrt marsch mache und vom Ufer des Schluchsees in den Wald aufsteige. Immer in Richtung des nächsten Etappenzieles: Sant Blasien.
Während des Abstiegs überholt mich ein Wanderer. An einer Bank nutzt dieser die Möglichkeit ein paar Seiten in einem Buch zu lesen. Ich beiße die Zähne zusammen und humpele an dem Mann vorbei nur um wenige Minuten wieder von ihm eingeholt zu werden. Diese Abfolge wiederholt sich noch einige Male – aus dem freundlichen Gruß wird ein freundliches Nicken, später bleibt nur noch ein müdes Lächeln. Auf einer Geraden kann er schlussendlich das Rennen für sich entscheiden.
Hier steige ich noch am späten Abend zum Lehenkopf auf, verbringe die Nacht dort und entschließe mich schweren Herzens, aufgrund meines drückenden Schuhwerks, nach nun rund 80 Kilometern abzubrechen und nicht noch das letzte Stück bis Wehr weiter zu gehen. Würde noch ein Bus gefahren, hätte ich vermutlich schon an diesem Abend die Heimreise angetreten.
In der Nacht werde ich zweimal von einem Tierlaut aufgeweckt. Leider habe ich keine Hörprobe gefunden, welche ansatzweise so unangenehm klingt wie ich es in Erinnerung behalten habe. Vermutlich handelte es sich um einen bellenden Fuchs. Nur lauter. Und ekelhafter.
Später entreißt mich ein weiteres Tier dem Schlaf. Ich habe Besuch von einer Zecke, welche ich mir im Schein der Taschenlampe unsachgemäß entferne. Nach dem Massaker bleibt auch der Fuchs auf Abstand.
Trotz des nahen Zieles geht es am Morgen mit dem Bus von Sant Blasien über Waldshut zurück nach Stühlingen. Ein andern mal vielleicht.
Weitere Informationen
An- und Abreise, Öffentliche Verkehrsmittel, Unterkünfte, Tipps zu Orten an welchen man zelten darf, Trekking-Stützpunkte und vieles mehr gibt es auf der Seite zum Steig:
Christian
28. Juni 2017 — 8:07
Hallo, der Schluchtensteig scheint ein toller Wanderweg zu sein. Tolle Impressionen. Laden direkt zum loswandern ein.
Wie funktioniert das beim Weitwandern mit den Übernachtungsplätzen? Gibt es ausgewiesene Flächen, oder muss ich immer hoffen nicht erwischt zu werden?
Gruß Christian
Maximilian
28. Juni 2017 — 19:48
Hej,
ausgewiesene Plätze gibt es nur in Form von „Trekking Stützplätzen“. Die Seite des Steigs schreibt dazu:
Desweiteren gibt es noch diverse Schutzhütten am und um den Steig. Offiziell jedoch auch nicht zum übernachten gedacht. Ich habe es vorgezogen wild zu zelten bzw. ein Vordach dieser Hütten zu nutzen. Meist stört sich ja tatsächlich niemand dran, falls man überhaupt Besuch bekommt.
Gruß Max
Martin Schwenninger
18. November 2020 — 11:14
Wildes Übernachten im Naturschutzgebiet kostet 50-100€ Bußgeld. Seit Corona wird gut kontrolliert.
https://www.my-stories.eu
11. Januar 2022 — 20:32
Hallo, sehr schöner Bericht. Schwarzwald mal etwas anders .. auf meiner HP.
Grüssle Jens.